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Unerhörte Stimmen

Mas, Victoria
Die Tanzenden
Verlag Piper
ISBN: 978-3-492-07014-0  

 

Ende des 19. Jahrhunderts ist das Hôpital de la Salpêtrière Heimat und Gefängnis für all diejenigen Frauen, die als nervenkrank, hysterisch, geistesgestört, epileptisch oder einfach für die Gesellschaft gefährlich eingestuft wurden - bzw. derer man sich entledigen wollte. Auch die junge Eugénie landet dort, nachdem sie ihrer Grossmutter offenbarte, dass sie Geister sehen und mit ihnen kommunizieren kann. Dem strengen Vater bleibt keine andere Wahl als das Kind wegsperren zu lassen. Doch Eugénie ist nicht krank, das merkt auch die Aufseherin Geneviève schnell. Den anderen Mädchen und Frauen, die regelmässig der interessierten Öffentlichkeit vorgeführt werden und für die es kaum eine Hoffnung auf ein Leben in Freiheit gibt, bleibt ebenfalls nicht verborgen, dass der Neuzugang anders ist. Aber in den Vorbereitungen des jährlichen Bal des Folles, bei dem die Verrückten ihren grossen Auftritt haben, sind sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Victoria Mas beschreibt in ihrem Roman eine gängige Praxis des 19. Jahrhunderts. Die an Erkenntnis interessierte Medizin, das wachsende Interesse an der Psyche, nachdem der Körper weitgehend studiert wurde, und zugleich das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen und der Leichtigkeit, mit welcher letztere als psychisch krank deklariert werden konnten, öffneten den Weg für nicht nur fragwürdige, sondern menschenunwürdige Machenschaften unter dem Deckmäntelchen der Forschung und des Fortschritts.

 


 

 

Hunger

Portillo, Regula
Andersland
edition bücherlese
ISBN: 978-3-906907-30-7

 

Matilda, Tochter einer Mexikanerin und eines Schweizers, wächst bei ihrem alleinerziehenden Vater in einem Schweizer Dorf auf. Ihr Onkel Tobias und dessen Partner Michael sind ein geliebter Teil ihrer kleinen Welt, die nach dem Tod ihres Vaters zerbricht. Sie würden sich gerne um Matilda kümmern, das Jugendamt verweigert ihnen jedoch das Sorgerecht. Zwei Männer, die gemeinsam ein Kind aufziehen? Undenkbar! Matilda wird von der ihr fremden Mutter, Lucía, nach Mexiko geholt.
Tobias verzweifelt beinahe am Tod seines Bruders und dem Abschied von Matilda. Doch er findet Wege, seine Wut in politisches Engagement zu verwandeln und auch über die Distanz die Erinnerung an seine Nichte wachzuhalten.
In Mexiko erwartet Matilda ein ganz neues Leben in liebevoller Umgebung, in der aber kein Platz für ihre Vergangenheit ist. Matilda erfindet sich immer wieder neu, übersteht Verluste und Umbrüche. Nach der Geburt ihres Sohnes kann sie sich nicht länger vor ihrer Vergangenheit verschliessen und bricht auf, um Antworten auf die vielen offenen Fragen in ihrem Leben zu finden.

 


  

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Unerhörte Stimmen

Martin Meyer: Corona

Seit die Seuche alles in ihrem Bann hält, darf Matteo seine Wohnung nicht mehr verlassen. Vom Fenster aus beobachtet er eine prachtvoll blühende Magnolie, ansonsten ist das Leben in der kleinen Stadt beinahe zum Erliegen gekommen. Gäbe es nicht die Nichte, die sich um ihn kümmert, und eine Nachbarin, die Blumen und Wein vor seine Tür stellt, wäre er ganz auf sich allein gestellt - seine Frau ist vor wenigen Jahren gestorben. Um die unerhörte Zeit der Pandemie zu meistern, schmiedet Matteo einen Überlebensplan. Sechs Bücher, die vom Alten Testament bis in die Gegenwart führen und sich mit Seuchen beschäftigen, verschaffen ihm Einsichten über das Leben, das ihm am Ende kostbarer erscheinen wird als je zuvor.